Dienstag, 13. Januar 2009

wer bin ich?

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich träte aus meiner Zelle
gelassen und heiter und fest
wie ein Gutsherr aus seinem Schloß.

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich spräche mit meinen Bewachern
frei und freundlich und klar,
als hätte ich zu gebieten.

Wer bin ich? Sie sagen mir auch,
ich trüge die Tage des Unglücks
gleichmütig, lächelnd und stolz,
wie einer, der Siegen gewohnt ist.


Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?
Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?
Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig,
ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle,
hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen,
dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe,
zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung,
umgetrieben vom Warten auf große Dinge,
ohnmächtig bangend um Freunde in endloser Ferne,
müde und leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen,
matt und bereit, von allem Abschied zu nehmen?


Wer bin ich? Der oder jener?
Bin ich denn heute dieser und morgen ein andrer?
Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler
und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling?
Oder gleicht, was in mir noch ist, dem geschlagenen Heer,
das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg?


Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.
Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!!


*Dietrich Bonhoeffer (aus Widerstand und Ergebung)*


Was für ein ehrlicher, authentisch lebender Mensch, Mann und Christ er doch war. Was für ein Glaube, ein Durchhaltevermögen, ein Vertrauen. Sich ganz in Gottes Hände begeben, sein Leben in der allmächtigen Hand Gottes wissen. Sein Fragen, sein Kämpfen, seine Tränen - alles hat Platz und ist Willkommen in der Liebe Gottes, die größer ist als jeglicher Hass, jegliche Demütigung und mächtig in den Schwachen.

Ich hab den Film zwar noch nicht selbst gesehen, aber er steht auf meinem Wunschzettel: "Die letzte Stufe". Ein Film über Dietrich Bonhoeffer.

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